Auswirkungen von Intensivtagebüchern auf PatientInnen und Familien
Vorinformation: Intensivtagebuch-Netzwerk goes DIVI
Wir haben nun bei der DIVI (Deutsch Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) die Sektion „Intensivmedizinische Frührehabilitation“ gegründet (kurz: ICU Rehab). Die Sektion (vorläufiger Sprecher: Peter Nydahl) hat zwei Arbeitsgruppen: Frühmobilisation (vorläufige Sprecherin: Sabrina Eggmann) und Familien- und kinderfreundliche Intensivstation inklusive Intensivtagebücher (vorläufige Sprecherin: Maria Brauchle).
Das erste Treffen der Sektion wird am 30.11.2023 von 17.00-18.00 auf der DIVI-Konferenz in Hamburg als hybrides Meeting durchgeführt. Alle, die in der Sektion mitarbeiten möchten, sind herzlich eingeladen, müssen aber DIVI Mitglied sein und registrieren sich bitte mit Ihrer DIVI-Mitgliedsnummer hier. Wer noch kein DIVI Mitglied ist und es sein möchte, kann sich hier registrieren. Die Mitglieder der Sektion erhalten dann eine Einladung mit Einwahl-Link und Agenda (Wahl der Sprecher, Projekte 2024, Webinare & Konferenz 2024 u.a.)
Wer den unseren Newsletter weiterhin erhalten möchte
Wir werden unseren Newsletter ab Januar 2024 über die DIVI versenden und in der aktuellen Form voraussichtlich zu Ende dieses Jahres einstellen. Alle, die den Newsletter weiterhin erhalten möchten, registrieren sich bitte kostenlos bei der DIVI für den Presse-Newsletter (auf der Seite in der rechten Spalte, nur ein bisschen runter scrollen).
Tagebücher im Internet
Webinare
Wir führen eine Reihe von Webinaren zum Thema „Die Zeit nach der Intensivstation“ durch. Das nächste Webinar wird am 14.12. von 18.00-19.30 via Zoom stattfinden. Thema: Update der Leitlinie zur Family Centered Care der „Society of Critical Illness“. Hier geht’s zur kostenlosen Registrierung.
Konferenz
Am 19. Januar 2024 wird in Zürich das Nursing Science Symposium zu „Improving research impact for families experiencing acute-critical illness“ stattfinden, organisiert durch Prof. Rahel Naef. Programm und Anmeldung hier.
Studien zum Tagebuch
Auswirkungen von Intensivtagebüchern auf PatientInnen und Familien
Immer mehr PatientInnen überleben ihren Aufenthalt auf der Intensivstation. Dennoch sehen sich viele dieser Überlebenden mit Problemen wie körperlichen Beschwerden und Veränderungen in ihrer geistigen Gesundheit konfrontiert, die als „Post-Intensive Care Syndrome" oder PICS zusammengefasst werden. Unter den Faktoren, die PICS verursachen können, scheinen Gedächtnisprobleme eine große Rolle zu spielen. Bosco et al. (2023) aus Italien möchten die Auswirkungen von Intensivtagebüchern auf das Wohlbefinden von PatientInnen und ihren Familien in einer Mixed-Methoden-Studie erforschen, die quantitative und qualitative Daten umfasst. Die Autoren möchten untersuchen, wie das Führen eines Tagebuchs während eines Aufenthalts auf der Intensivstation die seelische Gesundheit von PatientInnen und ihren Familien nach dem Verlassen der Intensivstation beeinflusst, indem sie eine Beobachtungsstudie mit Follow-up durchführen. Insbesondere Erinnerungen, Angst, Depression, posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) und die Lebensqualität sollten bei 0, 3 und 12 Monaten nach der Entlassung aus der Intensivstation bewertet werden. Darüber hinaus sollten die Tagebücher analysiert werden. Die Ergebnisse dieser Studie werden zeigen, ob das Führen eines Tagebuchs auf der Intensivstation die Lebensqualität von Personen und ihrer Familienangehörigen verbessert, die auf der Intensivstation waren. Wir drücken fest die Daumen für diese Studie!
Bosco V, Froio A, Mercuri C, Sansone V, Garofalo E, Bruni A, Guillari A, Bruno D, Talarico M, Mastrangelo H, Longhini F, Doldo P, Simeone S. The Impact of an Intensive Care Diary on the Psychological Well-Being of Patients and Their Family Members: Longitudinal Study Protocol. Healthcare (Basel). 2023 Sep 19; 11(18): 2583.
Tagebücher für PatientInnen nach Herzstillstand
Viele PatientInnen nach Herzstillstand erleben oft Ängste, die sich auf die Funktionsfähigkeit ihres Herzen beziehen und sich negativ auf den Gesundheitszustand der PatientInnen sowie auf das gesamte Familiensystem auswirken. Intensivtagebücher könnten hier helfen und den Distress in der Familie senken, wodurch sich wiederum das Outcome der PatientInnen verbessern könnte. Cornelius et al. (2023) aus den USA führten eine randomisierte Pilotstudie durch, um die Machbarkeit von Intensivtagebüchern, die von Familienmitgliedern verfasst wurden, im Vergleich zur üblichen Versorgung zu testen. Insgesamt wurden 16 PatientInnen eingeschlossen und zufällig aufgeteilt. Die Intervention wurde gut aufgenommen und war durchführbar. Die Belastung war in der Interventionsgruppe geringer, wenn auch nicht signifikant. Weitere Forschung ist erforderlich, um die Ergebnisse zu bestätigen.
Cornelius T, Mendieta M, Cumella RM, Lopez Veneros D, Tincher IM, Agarwal S, Kronish I. Family-authored ICU diaries to reduce fear in patients experiencing a cardiac arrest (FAID fear): A pilot randomized controlled trial. PLoS One. 2023 Jul 27; 18(7): e0288436.
Schreiben zur Heilung. Die Einführung des PatientInnentagebuchs auf der Intensivstation: Eine Erfahrung
Dieser Abschnitt wurde von Alessandra De Luca und Giulia Mascagni aus Italien bearbeitet. Vielen Dank, Alessandra und Giulia!
Diese Forschungsarbeit wurde auf einer Abteilung durchgeführt, die durch einen hohen Grad an Komplexität und organisatorischer Innovation geprägt ist. Besonders in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen im Kontext von COVID-19 ergeben sich neue Herausforderungen von bisher ungekanntem Ausmaß. Der Anwendungsbereich des PatientInnentagebuchs wurde zuerst anhand der Literatur abgesteckt und seine Einführung in der Neuro-Intensivstation des AOUC in Florenz, Italien, beschrieben. Dabei werden sowohl die Schlüsselaspekte des Di.Te.-Projekts als auch die zentralen Themen der qualitativen Studie erläutert. Abschließend das PatientInnentagebuchs reflektiert, sowohl als Mittel zur Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren in der Abteilung als auch als Werkzeug zur gemeinsamen Ausgestaltung des Behandlungswegs.
Herzliche Grüße aus Florenz von Alessandra De Luca und Giulia Mascagni.
Alessandra De Luca, Giulia Mascagni, Scrivere per curare. Un’esperienza di adozione del Diario del Paziente in Terapia Intensiva in "SALUTE E SOCIETÀ" 1/2023, pp 168-182, DOI: 10.3280/SES2023-001012.
Pflege und Fürsorge.
(Poster). Zeiten und Werkzeuge der Verbindung im Bereich der Intensivpflege. Das Tagebuch. Von Di Ruscio C., Bigiarini B., De Luca A., Bucciardini L., Meucci B. (2023)
Angrenzende Studien
Peer Support Gruppen
In einer qualitativen Interviewstudie bewerteten die Peers die Gruppe als a) Unterstützung auf dem schwierigen Genesungsweg, b) hilfreich in Beziehungen und geteilte Erfahrungen, c) schätzten den Wert professioneller Begleitung und d) hatten praktische Überlegungen. Qualitätsverbesserungsprojekt durch Clarke (2023) aus dem Vereinigten Königreich.
Interventionen für familienzentrierte Pflege
In einer systematischen Literaturrecherche konnten 52 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit geringem Verzerrungsrisiko identifiziert werden, um die familienzentrierte Pflege zu verbessern, hauptsächlich in den Bereichen Kommunikation und Information sowie in der Versorgung und der Erfüllung von Familienbedürfnissen. In 67% der Studien wurde mindestens ein familienzentrierter Aspekt verbessert. Wang et al (2023)
Risiko für PICS-F
In 164 IntensivpatientInnen und ihren Familien wurde Arbeitslosigkeit als signifikanter Risikofaktor für Angst und Depression identifiziert. Es wurde keine Verbindung zwischen den Eigenschaften der PatientInnen und emotionalem Stress in den Familien festgestellt. Beobachtungsstudie von Lobato et al (2023) from Portugal
Risiko für PICS-F II
In einer systematischen Literaturrecherche, an der 51 Studien und 9.302 Angehörige beteiligt waren, wurden 51 verschiedene Risikofaktoren identifiziert, darunter solche, die mit dem PatientInnen, den Angehörigen und dem medizinischen Personal in Verbindung stehen. Viele dieser Faktoren sind veränderbar. Systematische Recherche durch Putowski et al (2023)
PICS-Update
In einer kürzlich durchgeführten Übersichtsarbeit wurde das Wissen über PICS aktualisiert, indem die Koexistenz spezifischer Beeinträchtigungen, Subtypen/Phänotypen, Risikofaktoren/Mechanismen, Interventionen und neue Aspekte von PICS, einschließlich Fatigue, Schmerzen und Arbeitslosigkeit diskutiert wurden. Hiser et al (2023)
Modelle des Follow-ups
In einer systematischen Übersichtsarbeit, die 74 Studien mit mäßigem Verzerrungsrisiko und 5.998 PatientInnen einschloss, wurden verschiedene Modelle des Follow-ups identifiziert, darunter persönliche, krankenhausbasierte Interventionen, hybride Interventionen, Telemedizin und Tagebücher. Die Beteiligung war höher, wenn keine persönliche Anwesenheit im Krankenhaus erforderlich war. Dimopoulos et al. (2023)
Schmerzen
Bei 814 PatientInnen, die durchschnittlich 6 Tage auf der Intensivstation verbracht haben, betrug die durchschnittliche Schmerzintensität nach drei Monaten 2 (NRS 0-10). Die Hälfte der PatientInnen hatte signifikante Schmerzen (NRS ≥3), und ein Drittel hatte Schmerzen mit einer Intensität von NRS ≥4, aber nur ein Drittel erhielt spezialisierte Schmerztherapie. Bourdiol et al. (2023) aus Frankreich
Finanzielle Belastung
In einer Analyse von 2.032 Eltern/Betreuungspersonen von 1.183 Kindern, die auf pädiatrischen Intensivstationen behandelt wurden, hatten Betreuungspersonen nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation ein erhöhtes Risiko, überfällige Schulden zu haben oder eine niedrige Kreditwürdigkeit aufzuweisen. Kohortenstudie von Carlton et al. (2023) aus den USA.
Klinische Psychologie
PsychologInnen sind auf Intensivstationen selten anzutreffen. PsychologInnen werden für die Betreuung akuter PatientInnen und deren Familien, die Nachsorge, das Wohlbefinden des Personals und vieles mehr benötigt. Projektbericht von Beadman und Carretto (2023) aus dem Vereinigten Königreich.
Erinnerungen
Zur Erinnerungsgestaltung zur Unterstützung trauernder Familien auf der Intensivstation wurden in einer qualitativen Synthese 7 qualitative Studien eingeschlossen mit 4 Hauptthemen: Verbindung, Mitgefühl, Engagement und Schaffung von Erinnerungen sowie Fortführung (der Beziehung zum Verstorbenen). Systematische Synthese von MacEachen et al. (2023)
Verfasst von:
Dr. Peter Nydahl, RN BScN MScN, Pflegeforschung; Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel
Dr. Teresa Deffner, Dipl.-Rehapsych. (FH), Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena
Kristin Gabriel, Dipl. Medienwirtin, BA Kunsthistorikerin, Yogalehrerin, Berlin